Warum kommen mir eigentlich dauernd die Tränen, oder auch meine erste Mitteldistanz, der Strandräuber Ironman 70.3 Rügen…

 

Davor

Tja irgendwie hatte ich die Tage vor dem großen Tag dann überstanden. Allerdings war ich doch am zweifeln an meiner Form, hatte ich leider 2 Tage im Bett verbracht, das linke Ohr tat richtig weh und (ich vermute das) hat wohl irgendwie aufs Gleichgewichtsorgan gewirkt, denn mir war ziemlich schwindelig. Am Samstag war zwar das Ohr endlich wieder komplett schmerzfrei, aber ich fühlte mich noch etwas schlapp. Ich hatte auch seit Sonntag keinen Sport mehr gemacht und wie gesagt, die 2 Tage wirklich nur Couch-Bett-Liege-Ingtervalle. Ich bin am Samstag dann aber doch noch zur Probe in die Ostsee, ich wollte doch Quallen, Salz und Wasser testen. Quallen waren erst wirklich spukig, aber dann merkte ich schnell, dass man die berühren kann und es macht nichts, es fühlte sich eher wie niedliche Wattebäuschen an. Aber bei der ersten hab ich mich mega erschreckt. Salzgehalt ist wirklich sehr gering in der Ostsee, kein Vergleich zum Mittelmeer im Frühjahr und das Wasser war für mich frisch (19Grad), aber okay. 

09.09. morgens und das Schwimmen

Erst mal zum Rad, welch ein schöner Anblick, wenn meine liebe Paula noch da steht, dann das Trinksystem gefüllt, Pumpe geschnorrt und die Reifen nochmal nachgepumpt und dann wieder zurück in die Jugendherberge, langsam sollte ich mich dann mal umziehen. Glücklicherweise war mein lieber Mann dann schon da und das tat echt gut. Von der DJH zum Start ist es nur ein kleiner Hüpfer, also direkt im Neo an den Strand gelaufen. Kurz ins Wasser (war im Nachhinein eher unnötig) und dann noch etwas stärken und ab in die Warteschlange. Ich habe mich hinten angestellt, ich wollte es ruhig angehen. Irgendwann war es dann so weit, man stand an der menschlichen Schranke und das Startsignal kam. Petrus pass gut auf mich auf, jetzt gehts los. Beim reinrennen ins Wasser hab ich dann gemerkt, dass mein Mann ja direkt an der Startbox stand, ich hatte das leider vorher nicht gemerkt. Und dann bin ich geschwommen und geschwommen und geschwommen. Es kam mir lang vor und es war auch lang, genauer gesagt zu lang. Die Schwimmstrecke war leider zu lang, nur das wusste ich erst am Abend, als ich es inoffiziell von offizieller Quelle bestätigt bekam. Als ich aus dem Wasser kam, war ich einfach nur mega enttäuscht, ich hatte 51 Minuten gebraucht. Meine beiden Olympischen Distanzen dieses Jahr bin ich mit 33 und 36 Minuten auf die 1500m geschwommen und dann 51 Minuten auf 1900m. Ernsthaft? Das konnte ja ein bescheidener Tag werden. Tja so kann einen die Zeit verunsichern. Da es aber eher 2200m waren, ist die Zeit verständlich, denn so 45 Minuten waren mein Plan. Und genau diese Geschwindigkeit war es auch. Dann ist die Wechselzone echt ewig lang, man läuft vom Strand bis zum Bahnhof (zählt noch in die Schwimmzeit) und versucht dabei den Neo halbwegs auszuziehen. Beim Wechseln habe ich mir wieder die Zeit gelassen, die ich brauche, mir war es wichtiger alles dabei zu haben und nix falsch zu machen, denn der Tag sollte ja noch lang werden.

 

Rad – Paula

Als ich endlich auf meinem Rad saß, war ich glücklich. Klingt seltsam, aber ich war nicht mehr allein, meine Paula war jetzt mit dabei. Wie sagte mir mein Mann später, ich sah so verzweifelt aus, als ich aus dem Wasser kam und dann als er mich auf dem Rad sah, hätte ich wieder gestrahlt, da war er beruhigt. Die ersten paar Hundert Meter war ich ein bißchen Stau auf der Strecke, also hab ich erst mal langsam gemacht. Dann aber raus aus dem Ort und da hab ich dann mit den ersten Überholmanövern angefangen. Auf der Radstrecke habe ich dann auf die Höhenmeter gewartet, denn Höhenmeter waren ja immer meine ganz große Schwäche, aber was soll ich sagen, da kam eigentlich nichts. Und was mich echt motiviert hat und stolz gemacht hat, an den kleinen „Bergen“ hab ich eigentlich immer überholt, meine Beine können dank des Trainings in der Wetterau und dem Vordertaunus mittlerweile ganz gut diese kleineren Anstiege. Da hab mein Training etwas gebracht und ich bin schon stolz, aus meiner großen Schwäche, meine Stärke gemacht zu haben. Ich habe mich übrigens absichtlich entschieden, „Zahlen-blind“ zu fahren. Ich wollte meine Geschwindigkeit nicht wissen, weil ich hatte keine festes Ziel und wollte mich nicht nervös machen lassen. Das war für die erste MD auch wirklich eine gute Entscheidung. Ich bin einfach nach Luft, Herz und Oberschenkel gefahren. An der ersten Verpflegungsstation dachte ich mir, übst lieber gleich mal das mit den Flaschen annehmen, bevor Du es dringend später brauchst und dann was schief läuft. Ein Junge reichte mir die Flasche mit Cola-Wasser und die ganze Station freute sich, es war wohl seine erste Übergabe. Ich schmunzelte, denn es war auch meine erste Übernahme und es hatte super geklappt. Danke. Und so ging es weiter, die erste Runde (45km) lief gut. Im Ort war mein Starfotograf wieder da und ich freute mich sehr. Auch an der Station klappte es super. Aber ich hatte beim Helfen beim Ironman ja auch was sehr wichtiges gelernt, zeig dem Helfer, von dem man etwas haben will an, dass man etwas haben will. Dann konzentriert der sich auf Dich und es klappt super. Hier ist der Helfer noch total dynamisch mitgegangen, es war mega. Total motiviert, hilfsbereit, sensationeller Job liebe Helfer.  Die zweite Radrunde wurde härter, denn der Wind hatte aufgedreht und ich hatte schon zu kämpfen und dann kam noch ein anderes Problem, ich musste so dringend Pipi. Ich wusste nicht recht was ich machen sollte. An der Verpflegungsstation hätte ich anhalten sollen, habs aber nicht getan. Stattdessen das Wunder geschafft eine Banane (ab in den Ausschnitt) und ein Getränk zu nehmen. Aber dann rächte es sich die nächsten 30km habe ich nichts mehr getrunken, das war ein Fehler, aber ich musste so dringend. Das nächste Mal werde ich sicherheitshalber nach dem Schwimmen gehen. Aber auch diese 30km habe ich dann noch geschafft, auch wenn der Wind schon ordentlich war. Ich finde ja 2 Runden auch nicht so toll, es ist auf der ersten Runde so viel spannender. Mal sehen, wie das in Luxembourg wird, da gibt es ja nur eine Runde. 

Zwischendurch wurds nochmal turbulent, Tütata und Blaulicht, ein Polizeimotorrad, dann das Nächste und dann ein Feuerwehrauto, also so ein Großes. Hoffentlich ist nichts schlimmeres passiert. Irgendwann kamen wir dann Richtung Radende, ca. 10km vorher sah ich die armen letzten Triathleten, bei km 50-55 und dahinter der Besenwagen. Die taten mir echt leid und ich hatte so einen Respekt, die ganze Zeit vorm Besenwagen ist schon heftig. Zurück in de Wechselzone musste ich dann Paula gegen den erst bestens Zaun lehnen, ab ins Dixie. Dann wieder einen Sicherheitswechsel, nichts überstürzen, denn da wartete ja noch en Halbmarathon. Bikezeit ist absolut okay, je nach Quelle knapp über oder unter 28kmh, nicht ganz fit gewesen und ordentlich Wind auf der zweiten Runde, da war das eine gute Leistung. 

Ach und eins muss ich noch erzählen, es war ein ägyptischer Triathlon Verein unterwegs und ich hatte so Respekt vor dem Mädels, brav mit „Kopftuch“ egal ob im Wasser, auf dem Rad oder beim Halbmarathon, aber voll dabei. Ich fand das so ein wunderschönes Bild, diese Kombination aus Ihrer Tradition und dem neuen Sport Triathlon. Unsere Welt kann so wunderschön bunt sein, wenn nicht einige so vorgestern wären. Mädels, macht weiter, Ihr ward klasse. 

 

Jetzt nur noch ein Halbmarathon 

Im Wechselzeit scherzten wir schon, nur noch etwas auslaufen, war ja nur noch ein Halbmarathon. Ich hab wieder gemütlich gewechselt, war ja auch der Pit Stop dabei und dann ging es los. Wirklich Energie hatte ich keine mehr, aber es wird ja auch manchmal mit dem Laufen besser. Meinem Mann erklärte ich bei km1 aber erst einmal, dass es so weh tut. Gleich am Anfang durfte man sich nach ca. 2,5km das erste Rundenbändchen abholen und die Mädels dort waren mega. Die schrien, hüpften und feuerten jeden an. „Komm lächel mal“, „Du siehst toll aus“, und und und. Die hatten einen Spaß dort und man konnte wirklich nur noch lächeln. Die ersten km gehen ja auch, denn der Mount Klünder kommt ja erst etwas später und wie der kommt. Am Fuß des Berges das nette Schild mit dem Hinweis auf die 11% Steigung. Nicht euer Ernst. Oder doch? Verdammt. Aber nicht nur hoch, sondern auf der anderen Seite wieder runter, dann im Wohngebiet etwas hoch, wieder runter und zurück über den Mount Klünder. Und diesen Spaß gabs gleich 2mal. Ich war aber erst mal verdammt froh, das erste Mal geschafft zu haben. Auf dem Rückweg sah ich ein Canada Tattoo vor mir und ich hatte am Vortag mit einer Kanadierin gechattet, die meinte, sie sei diejenige mit der Flagge. Was einem so auffällt unterwegs, ich sprach sie an und sie war es. Lustige Zufälle gibt es, Auch Marken hatte ich auf meiner ersten Runde einmal entdeckt, bei Ihr lief es mega, wenn ich mal groß bin, will ich auch so schnell werden. Ich kämpfte aber immer mehr mit den Kopfschmerzen und Schwindel, die Schwämme halfen dann doch, ich kühlte Kopf und den Nacken, auch wenn mir gar nicht warm war. Aber ich wollte das Finish, hey, ich hatte echt Geld bezahlt, um da teilnehmen zu dürfen und ich wollte eine Mitteldistanz finishen. Aber bei 2,5 Runde kann man sich immer auf etwas freuen, bald steht da mein Mann, dann die Mädels mit den Bändern, die netten Verpflegungsstationen und so weiter und so weiter. So arbeitet ich mich Stückchen um Stückchen vorwärts. Endlich war ich das zweite Mal auf dem Klünderberg zum Hinweis, durchs Wohngebiet und dann zurück. Unten am Berg kamen wir zu zweit zeitgleich an, ich entschied mich fürs gehen, während das andere Mädchen weiter lief. Es war die richtige Entscheidung, denn noch bevor wir unten waren, konnte ich die andere überholen, man spart doch viel Energie, wenn man zügig hoch geht. Meine Zeiten wurden zwar auch immer langsamer, aber irgendwann hatte ich auch das dritte Bändchen, jetzt noch ein paar Schleichen laufen und dann Richtung Ziel. Die Verpflegungsstation vorm Klünderberg besuchte man auch auf dem Weg zum Ziel. Dort wollten Sie mir noch Ziel- wasser, -gel, -cola und und und anbieten, sahen dann aber ein, dass ich jetzt lieber Bier wollte. Nachvollziehbar.  Und dann endlich, ich bog um die Ecke, mein lieber Mann stand dort mit der Kamera und der komplette Zieleinlauf gehörte nur mir, der Moderator heizte dem Publikum ein und ich hätte diese Strecke ewig laufen können, rechts und links applaudierten die „typischen“ Rügen-Gäste, ich konnte es gar nicht glauben, es war so unbeschreiblich, so wunderschön, ich hatte es geschafft und wurde vom Applaus ins Ziel getragen. Ich hatte meine Zeit komplett aus dem Auge verloren, ich war mir nicht sicher, ob ich überhaupt noch unter 7 Stunden war, aber egal ich hatte es geschaff: meine erste Mitteldistanz. Der schönste Zieleinlauf war dann aber auch irgendwann vorbei, der Moderator nannte meinen Namen, klatschte mich ab und dann hatte ich es geschafft. Erst einmal jubeln im Ziel und dann der Blick auf die Uhr, wow, unter 7 Stunden und sogar noch unter 6 Stunden 45 Minuten, das hätte ich zwischendurch nicht mehr für möglich gehalten. Finish! Dann „ewig“ warten, bis mein Mann sich seinen Weg zu mir gesucht hat, um mich endlich beglückwünschen zu lassen. Und ja man kann gleichzeitig weinen und lachen. Und genau das tat ich auch. Wie herrlich. Für die Zahlenfreunde: 6:44:34. Es war hart, es tat weh und ich freu mich so sehr darauf es wieder zu tun.

 

Danke

Hoffentlich vergesse ich niemanden: Danke Schatz für deinen Beistand, Markus fürs Beantworten von allen möglichen Fragen, Nadine, Jule, Laura für meine ersten zwei 100km+ Touren, Stefan, Sonja, Laura, Verena, Steffi für den emotionalen Support, Mama für den tollen Glücksbringer, allen Freunden und Bekannten für die Glückwünsche und fürs Mitfiebern, Danke Petrus, Danke Binz, Danke liebe Urlauber, Danke an die sensationellen Helfer, Danke an alle, die an mich geglaubt habe.


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